Friday, September 2

Die Macht der Maschine

Vor ein paar Tage zeigten im Fernsehen ein Auto, das mit dem Gedanken der Fahrer gesteuert wurde : es fuhr hin und her, biegte rechts und links ab  und nun blieb es stehen.
Meine Männer waren sehr aufgeregt: welcher Wunder der Technik! So eine unglaubliche Leistung der Ingenieure!
Ich saß gerade an der Stickmaschine und dachte mir – noch einmal in meinem Leben – wie einfach Männer zum Staunen zu bringen sind : ein paar Fachausdrücke, ein glaubwürdigen Moderator und schon sitzen sie da und können ihren Augen nicht glauben.

Aber ist es nicht so, dass wir mit unseren Stickmaschinen schon lange dieses Wunder der Verschmelzung zwischen Gedanken und Technik erleben?
Passiert es nicht jeden Tag in der Enge und Verlassenheit unsere Nähzimmerchen, dass Maschinen so agieren, so wie sie eine eigene Wille hätten, so wie sie genau wussten was wir denken?!?
Diese Geräte, die für unsere Männer eigentlich nur Lärm und Materialkosten produzieren, die können mit uns mitfühlen, unsere Gedanken telepatisch verinnerlichen und sich schnell anpassen.

Wir freuen uns gerade auf dem lang ersehnten kinderlosen Wochenende. Tonnenweise zugeschnittenen Stoffen stehe schon parat. Die Nähzimmerwände sind mit To-do-Listen plakatiert und in der Speisekammer ist Schokolade und Nervennahrung in jeder Form fürsorglich gebunkert.
Fast wie in einem Ritual bespannen wir den Stickrahmen mit Stoff und drücken auf dem Startknopf….. und nichts geschieht! Nichts! Gar gar schon gar nichts!
Panik! Wir kontrollieren alles : Stecker, Unterfadenspuhle, USB, ausschalten/einschalten, und noch einmal Stecker….Nichts! Nichts! …. Und das ganze Wochenende nichts! Die Stickmaschine ist tot, oder besser gesagt, sie schaut uns leuchtend in den Augen aber sie tut nichts, das ganze kinderlose Wochenende lang nichts! Aber am Montag, wenn wir geärgert, verzweifelt und besorgt sie zur Reparatur begleiten, dann startet sie glücklich und dankbar zwischen den Händen des Stickmaschinen Doc.

Wir sitzen schon ca. 3 Stunden lang und überwachen mit wachsamen Ohr und geschulten Auge jeder Zuckung der Sticki. Wir rühren uns nicht von Fleck – unsere Aufmerksamkeit fokussiert auf der Stickvorgang, denn gerade ist im Rahmen den wertvollsten Stoff gespannt.
Irgendwann mal fangt mal unsere Körper nach seinen Bedürfnissen laut zu schreien:
Hunger?!? Nix, wir habe schon genug um die Hüften!
Durst? Wieso haben wir uns nicht den Laufrücksack vom Göttergatte mit integriertem Wasserspeicher am Rücken geschnallt?
Beinahe explodierende Blase? Nah ja, heeeemmm, das wäre wirklich unhygienisch! *zeigefingerindiehöhe*
Ok! Dann müssen wir wirklich aufstehen, aber dann wie eine Rakete in der Speisekammer die Müsliriegelpackung schnappen, auf Klo rennen, trinken wie ein Kamel auf Vorrat und dann wieder zurück zur Stickmaschine …
Ja, es könnte funktionieren! ES köööönnte, nur wenn nicht….. Bitte, nur kein selbsterfüllende Prophezeien! Maschinchen gründlich überprüfen: genug Unterfaden da, auch der Oberfaden passt, Nadel schaut noch tadellos.
Eeeeeeins, zweeeeei, dreeeeeei, gooooooo........!
Während wir am Topferl sitzen, mutieren unseren Ohren zu Parabolantenne und als wir nicht mehr unterbrechen können, kommt DAS Geräusch: Brumbidimungsrssschhhhhhhhh ….und danach nur diese leere Stille!
Jetzt heißt nun mehr Schadensbegrenzung! Die Müsliriegelpackung schon vergessen, laufen wir zur Stickmaschine, um nun mehr feststellen zu können, dass eine Kernschmelze zwischen Nadel, Unterfadenkapsel und Oberfaden passiert ist. In unserem teuren Stoff hat sich einen Krater gebaut und es ist uns bewusst, wir können nur eines retten : Stoff oder Maschine.
Eine reine mathematische Kalkulation trifft für uns die Entscheidung.

Naahh lieber Männer, wozu staunen für Autos die mit dem Gedanken von Dritten fahren, wenn wir selber Maschinen besitzen, die nicht nur unsere Gedanken kabellos nachvollziehen können, sondern uns auch unsere Urängsten und Grundbedürfnissen Tag ein Tag aus vor den Augen führen? Uns zeigen, dass egal wie es kommt, es gibt immer eine höhere Macht an der wir uns fügen müssen, die von der (Stick)Maschinen!!
Und dann wollen uns unsere Männer noch erklären, dass diese Maschinen viel zu teuer sind!

2 comments:

Tagpflückerin said...

Köstlich!!
Ich hätte eine 2. Maschine, damit könnte ich nähen, während die andere stickt.... wenn ich mich nur losreißen könnte ;-)
lg Tagpflückerin

thurnmuehle said...

Herrlich! Wie war, wie war! ;-)